Naturnahes Imkern

Ist die heutige Imkerei wirklich das, wofür man sie hält? Dem Bienenwohl zugewandt, naturnahe und artgerecht? Diese Frage stellten wir uns oft, als wir mit dem konventionellem Imkern begonnen haben. 

Mit dem Gedanken die Honigbiene zu unterstützen haben wir uns in das Projekt, einer eigenen Bienenhaltung und Imkerei, gestürzt. Wir haben Rückhalt bei Vereinen gesucht, haben Schulungen besucht und viel Fachliteratur verschlungen. Praktische Einblicke konnten wir ebenfalls bei anderen Imkern erhalten und Erfahrungen sammeln. Mit der Zeit wurde uns aber immer unwohler und wir verstanden nicht, wie der Honigbiene geholfen werden kann. Was wir gelernt und gelesen haben entsprach eher einer Nutztierhaltung, bei der am Ende häufig der Imker profitiert.

So werden Bienenvölker im Frühjahr auf ihr Brutnest separiert (Erläuterung unter "Honigernte in Maßen"), damit sie den Honig in die oberen Honigräume tragen. Diese werden im Spätsommer komplett entnommen und für den Winter erhalten die Bienen Zuckersirup. Eine Königin die 1500 Eier am Tag legt wird ausgetauscht durch eine, die über 2000 legen kann. Was hat das alles mit dem Wohl der Biene zu tun? Dies sind nur einige Beispiele für Methoden die in konventionellen, aber auch in Bio-Imkereien, durchgeführt werden.


Wir wollen andere Wege gehen und sind stets darauf bedacht, auf die Biologie des Bienenvolks zu achten und alternative Methoden anzuwenden, die ihr im "Haus der Sundbienen" wiederfinden könnt. Dieses Haus ist entstanden, als uns immer bewusster wurde, was für Imker wir sein möchten. Nun ist es maßgeblich für all unsere Entscheidungen und unser Handeln. Das Fundament des Hauses bildet die Biologie der Bienen und das Dach der Sundbienen wird von den fünf Säulen unserer Bienenhaltung getragen: 

  • Keine Säuren
  • Honigernte in Maßen
  • Natürliches Verhalten
  • Keine Zucht
  • Naturbelassene Behausungen

Was sich genau dahinter verbirgt, wie wir an und mit den Völkern arbeiten und welche Erfahrungen wir damit sammeln, teilen wir gerne mit euch.


Keine Säuren oder Chemie

Dies ist alles andere als selbstverständlich! Selbst in Bio-Imkereien und sogar bei Demeter zertifizierten Betrieben dürfen die Bienenvölker mit Säuren behandelt werden, um die sogenannte Varroa-Milbe zu bekämpfen. Sie ist ein fieser Parasit der viel Schaden in der Brut und an den Bienen anrichtet. Die Milbe überträgt zudem eine Vielzahl an Krankheiten, durch die ein Bienenvolk komplett eingehen kann. Um diese schädliche Milbe loszuwerden, werden junge Völker mit Milchsäuren behandelt und die sogenannten Wirtschaftsvölker mit Ameisen- und Oxalsäure. Diese Behandlung erfahren die Bienen jedes Jahr nach der Honigernte. Die Säuren sind dabei so ätzend, dass der Imker sich mit Handschuhen schützen muss, die Varroa-Milbe liquidiert wird und die Bienen sich durch diese Tortur selber die Fühler abschneiden oder auch sterben.

An dieser Stelle wollten wir definitiv eine andere Methode anwenden und haben durch eifriges recherchieren eine geeignete gefunden. Unsere Bienen werden nun mit Puderzucker behandelt, der bei trockenen Verhältnissen in das Volk gesiebt wird. Dabei hat zum einen die Milbe keinen Halt mehr an den Bienen und der natürliche Putztrieb der Bienen wird zusätzlich ausgenutzt. Die Bienen sind also fleißig dabei sich gegenseitig zu säubern und die Varroa fällt von den Bienen ab. Über drei Wochen wenden wir dieses Verfahren mehrfach an, dann ist ein kompletter Brutzyklus abgeschlossen und der Bienennachwuchs milbenfrei.

Wir erproben außerdem weitere alternative Methoden zur Säurebehandlungen. Biotechnologische Verfahren, wie die komplette Brutentnahme von Dr. Ralph Büchler, Königin käfigen für eine Brutpause oder ein Beutesystem mit dem Bücherskorpion (kleines Spinnentier, welches Varroa-Milben frisst) sind dabei langfristige Lösungen. 



Honigernte in Maßen

Der entscheidendste Aspekt der heutigen Imkerei ist der Verkauf des durch die Bienen erzeugten Honigs. Das Imkerjahr dreht sich darum, die Völker mit einer stabil hohen Bienenanzahl zu führen um somit viel Honig eintragen zu können. Sobald im Frühjahr die Winterruhe der Bienen beendet ist und die ersten Brutaktivitäten erfolgreich waren, wird das Volk im sogenannten Brutraum (Bereich einer Beute wo Brut aufgezogen wird) eingeengt. Hier soll von nun an ausschließlich Platz für die Königin und ihre Nachkommen bleiben. Auf den Brutraum werden nach und nach mehrere Honigräume (Bereich der Beute indem Honigvorräte lagern) gesetzt und durch den Platzmangel im Brutraum tragen die Bienen den Honig nach oben in die Honigräume.

Zum Ende der Blütezeit im Spätsommer entnimmt der Imker die Honigräume und kann den Honig ernten. Das nun fehlende Futter wird den Bienen in Form von Zuckersirupen oder Zuckerwasser zugeführt, womit die Bienen den Winter überleben müssen.

Bei uns dürfen die Bienen auf ihrem eigenen Honig überwintern. Zum einen finden wir das Auffüttern selber aufwändig und teuer (pro Volk ca. 20 kg Zuckersirup kaufen; Honig wird umsonst eingetragen). Viel wichtiger ist aber der qualitative Unterscheid zwischen Honig und Zuckersirupen. Im Honig befinden sich eine Vielzahl an Inhaltsstoffen wie Enzyme, Vitamine, Aminosäuren und Mineralstoffe, aber auch antibiotische und antimykotische Stoffe mit vielen gesundheitsfördernde Eigenschaften. Dagegen enthalten Sirup und Zuckerwasser nur Saccharose oder künstlich hinzugeführte Vitamine. Dabei sollte gerade im Winter, wenn die Bienen den Witterungen ausgesetzt sind, Befall durch Varroa-Milben vorhanden ist und sie konstant Wärme produzieren müssen, qualitativ hochwertige Nahrung vorhanden sein. Das Sprichwort "Du bist was du isst" sollte nicht nur der Mensch für sich verinnerlichen, sondern ebenfalls der Imker für seine Bienenvölker. 


Natürliches Verhalten zulassen


Eines der natürlichsten Verhaltensweisen jedes Bienenvolkes ist der angeborene Schwarmtrieb. Ausgelöst wird dieser, sobald das Volk eine gewisse Stärke bzw. Größe erreicht hat und sich durch die Teilung (Schwärmen) vermehren kann. Das abgeschwärmte Bienenvolk wird sich eine neue Behausung suchen. Beide Teile des ursprünglichen Volkes werden durch die Brutaktivitäten wieder größer und bilden somit zwei eigenständige Bienenvölker. Durch diese Teilung findet nicht nur eine Vermehrung, sondern eine Verjüngung der Völker statt. 

Der Schwarmtrieb verursacht aber meist ein Problem für die Imker, da durch das Abschwärmen die Hälfte der Bienen verloren geht und erheblich weniger Honig eingetragen wird. Uns ist an dieser Stelle das natürliche Verhalten der Bienen wichtiger und daher lassen wir das Schwärmen zu. Somit vermehren sich nur die Völker, die Stark genug sind. Gleichzeitig wird eine Reduzierung der Varroa-Milben im Bienenvolk erreicht, da beim Schwärmen ca. 3/4 der Milben im Muttervolk zurückgelassen werden. Durch die entstehende brutfreie Zeit können sich die Milben nicht weiter vermehren.

Eine weitere angeborene Verhaltensweise der Honigbienen ist ihr natürlicher Putztrieb. Bienen versuchen nicht nur ihren Bienenstock ordentlich zu halten, sondern sie halten sich gegenseitig sauber. Dieses Putzverhalten nennt man Grooming. Durch das gegenseitige Putzen werden die Varroa-Milben heruntergeputzt und beseitigt. Leider bekommen Bienen in einer intensiven Bienenhaltung keine Zeit für dieses Verhalten. Die Völker sind für den Honigeintrag optimiert und betreiben daher keine Körperhygiene untereinander. Wir Menschen wissen, wie wichtig die persönliche Hygiene für die Gesundheit ist und dies ist in einem Bienenvolk nicht anders. Unsere Bienen haben Zeit für das sogenannte Grooming, sind nicht so stark auf den Honigeintrag getrimmt und leben dadurch auf ganz natürliche Weise gesünder.


Keine Zucht und kein Entweiseln

Die Zucht mit Bienenköniginnen ist die Königsdiziplin in der Imkerschaft. Hierbei wird die Königin gezielt begattet oder künstlich besamt, sodass sie möglichst viele Eier pro Tag legt: je mehr Bienen schlüpfen, desto mehr Honig wird eintragen. Des Weiteren sollen die Nachkommen sanftmütig sein (nicht stechen) und gleichzeitig Resistenzen gegen die Varroa-Milbe aufweisen. Zudem soll der natürliche Schwarmtrieb der Bienenvölker minimiert werden, um in der Hauptsaison das Schwärmen der Bienen zu verhindern. Dies alles sind Eigenschaften, die dem Imker Vorteile bringen, nicht aber den Bienen. Bei der Zucht werden den Völkern somit Merkmale und Fähigkeiten genommen, die sie seit mehreren Millionen Jahren inne hatten und dementsprechend für ihr eigenständiges Überleben wichtig sind. So sollten Bienen von Natur aus nicht sanftmütig sein, damit sie sich erfolgreich gegen Bienen aus anderen Völkern, Wespen, Hornissen, Mäuse oder andere Räuber zur Wehr setzen können. Aus diesem Grund verzichten wir komplett auf die Zucht oder ähnliche Eingriffe an den Bienenvölkern.

Zu den Eingriffen gehört ebenfalls das Entweiseln oder Umweiseln eines Bienenvolkes. Weisel ist ein anderer Begriff für die Bienenkönigin. Wenn diese eine schlechte Legeleistung aufweist oder aggressive Nachkommen hat, weiselt man das Volk um. Die alte Königin wird aus dem Stock genommen, getötet und durch eine hoffentlich bessere ersetzt (ggf. aus Zucht). Ein aus unserer Sicht unnötiger Prozess. Denn sollte die Bienenkönigin durch Krankheit oder Alter geschwächt sein, registriert das Volk dieses und es findet eine stille Umweiselung statt. Eine Veränderung durch den Imker ist daher überflüssig.


Naturbelassene Behausungen

Unsere Bienenbehausungen (Bienenbeuten oder Bienenstock) sind aus Holz und nicht aus Styropor. Der Vorteil von Styroporbeuten ist der bessere Schutz vor Kälte im Winter. Dadurch ergibt sich gleichzeitig der Nachteil, dass die Luft kann nicht zirkulieren kann. Im Winter heizt sich das Bienenvolk auf bis zu 30°C und ohne Zirkulierung hat man das selbe Phänomen wie in einer nicht gelüfteten Wohnung: Kondenswasser entsteht und es schimmelt im Bienenstock. Der Schimmel befindet sich häufig an den Außenbereichen und auf den Waben. Diesen Schimmel nehmen die Bienen auf, da sie sich an ihrem Futter aus den schimmeligen Waben bedienen. Das wäre in etwa so, als wenn wir in den Wintermonaten regelmäßig verschimmeltes Brot essen würden.

Holzbeuten sollen aus diesem Grund nicht lackiert werden. So bleibt das Holz atmungsaktiv und die Bienen nehmen keine Fremdstoffe aus den Lacken auf. Diesen Schritt sind wir bei den ersten Völkern  leider nicht gegangen, um die Lebensdauer der Holzbeuten zu verlängern. Mit dem angeeigneten Wissen belassen wir die Materialien zukünftig 100% natürlich.

Das Klima der Bienenbehausung ist also ein extrem wichtiger Faktor. Nicht nur in Bezug auf die Wärmeisolierung, sondern ebenfalls für Luftzirkulation und einen guten Feuchtigkeitsaustausch. Daher werden wir langfristig unsere Beuten weiter optimieren. Als nächstes Ziel möchten wir das Beutendach mit einem sogenannten Warré-Kissen ausstatten. Emile Warré hat bereits 1920/30 das Problem des Feuchtigkeitsstaus erkannt und das nach ihm benannte Kissen erfunden. Dieses simuliert den lebenden Baum und bietet praktisch einen widerstandslosen Luft- und Feuchtigkeitsausgleich. 

Zum Schluss noch ein Hinweis für Imker-Insider: Die Waben bei den Sundbienen sind im Kaltbau angeordnet. Denn der Warmbau verhindert ebenfalls eine vernünftige Luftzirkulation in der Bienenbeute.